Ganesha

 

Ganesha ist der Hüter der Schwellen und Gott der Anfänge. Er wird als Überwinder aller Widerstände und Hindernisse gefeiert

Trotz seiner Körperfülle tanzt der Dickbäuchige gern und leichtfüßig. Er reitet eine winzige Maus. Das Nagetier ist nichts anderes als der gewöhnliche Intellekt, der hier und dort seine Daten, Fakten und Informationen zusammenstiehlt und von nervöser Rast- und Ruhelosigkeit gekennzeichnet ist. Der maushafte Verstand hat nicht die besinnliche Ruhe, die zur Einsicht führt. Daher gilt es, dieses nervöse Geschöpf unter die Füße zu bringen, es zum Diener zu machen.

 

Ganesha
Ganesha

Ganesha,der Sohn von Shiva und Parvati, ist beim einfachen indischen Volk wohl der beliebteste Gott. Er ist kein natürlich geborenes Kind und es gibt über seine Entstehung ganz viele Geschichten. Die bekannteste ist diese:

Parvati will baden, aber sie wird ständig von lästigen Besuchern oder Bittstellern davon abgehalten. Da fasst sie den Entschluss, einen mächtigen Torhüter zu erschaffen, der niemanden, aber auch niemanden, über die Schwelle lässt. Da ihr Mann, Shiva unerreichbar tief in seinen Meditationen versunken ist, hat sie ohnehin Verlangen nach einem Gefährten, einem Söhnchen, mit dem sie sich auch sonst die Zeit vertreiben kann. Also schabt sie mit den Fingernägeln etwas Schmutz und Schorf von ihrer Haut, knetet die Masse zu einer hübschen, kleinen Figur, haucht ihm Leben ein und spricht: "Mein liebes Söhnchen, du bist der Hüter der Schwelle! Niemand darf herein, den ich nicht persönlich hereinbitte!"

"Jawohl, Ma", piepst der Kleine, und Parvati geht, um endlich in aller Ruhe ihr Bad zu genießen. Als ihr Ehemann nach Hause kommt, ist er ganz verblüfft, solch einen Knirps vorzufinden, der es wagt, ihm den Weg zu versperren. Weder Bitten noch Drohungen helfen, er darf nicht über die Schwelle. Nach einer Weile reißt Shivas Geduldsfaden. Er verwandelt sich in den zornigen Rudra und befiehlt seinem Gefolge, den fürchterlichen Geistern und Trollen, angeführt von dem Stier Nandi, sich auf den fremden Trotzkopf zu stürzen.

Der kleine Torhüter kennt keine Furcht, denn sie wurde ihm bei seiner Erschaffung nicht mitgegeben. Er greift nach einer Eisenstange und wütet unter seinen Gegnern. Nur mit einer Hinterlist kann Shiva den Gegner bekämpfen und haut ihm das Haupt ab und die Götter stimmen einen Siegesjubel an.

Als die Göttin merkte, warum so laut gejubelt wurde, war sie untröstlich. Ihr Zorn und Schmerz nahm die Gestalt von hunderttausenden Rachegöttinnen an, die über die Welt fuhren. Wohin man blickte, wüteten schreckliche Furien, während Parvati fortwährend "mein Söhnchen, mein Söhnchen" jammerte und seinen leblosen Körper mit Tränen benetzte.

Nun flehten alle Wesen die Göttin an. Andachtsvoll falteten sie ihre Hände, verbeugten sich vor ihr und sangen beschwichtigende Lieder. Da hielt die erzürnte Shakti inne: "Nur wenn ihr meinen Sohn wieder lebendig macht, werde ich besänftigt sein", erklärte sie.

Da taten sich die Götter zusammen, um nach altüberlieferten Riten die Leiche wiederzubeleben. Den Kopf konnten sie aber leider nicht finden. Shiva meinte, das sei nicht weiter schlimm. Sie sollten sich nach Norden wenden und den Kopf des ersten Geschöpfs, das ihnen über den Weg liefe, abschlagen und mitbringen. Das war zufällig ein Elefantenbulle. Nun verbanden die Götter ihre strahlende Energie, konzentrierten sie auf die Leiche, setzten den Elefantenkopf auf den Halsstumpf, sangen die vedischen Zauberformeln und besprengten den Körper mit geweihtem Wasser. Da wachte der kräftige, rothäutige Junge wieder auf, streckte seine Glieder und gähnte, als ob gar nichts gewesen war. Parvatis Kummer war verflogen. Sie schloss ihren Sohn in die Arme und strahlte ihre Liebe wieder in die Welt.